Chemische Eigenschaften und Reaktionen

Im Gegensatz zu den Alkanen  sind die Halogenalkane sehr reaktionsfähige Verbindungen; durch Einführung des Halogens ist aus einer reaktionsträgen eine reaktionsfähige Verbindung geworden. Bezüglich der Reaktionsfähigkeit besteht eine deutliche Abstufung: Jodalkane (Jodide) reagieren leichter als die Chloride. Da die Jodide schwer zugänglich sind, arbeitet man im Laboratorium gewöhnlich mit Bromiden, die noch ausreichend reaktionsfähig sind.

 

1.

Die Bedeutung der Halogenalkane liegt in der großen Anzahl von Reaktionen, die sie eingehen können, begründet. Sie sind also wichtige Ausgangsverbindungen oder Zwischenprodukte bei Synthesen, im Laboratorium und in der Technik. Eingesetzt werden dabei vorwiegend die Mono-Halogenalkane. Die nachstehend genannten Reaktionen haben das gemeinsame Merkmal, dass das Halogen, bevorzugt Brom, gegen andere Gruppen ausgetauscht wird, wobei neue Verbindungen entstehen.

Bei diesen Reaktionen wird das Halogen am primären C-Atom leichter durch andere Gruppen ersetzt als das am sekundären und tertiären C-Atom.

C2H5Br + AgOH = AgBr + C2H5-OH

wäßrige Aufschlämmung von Ag2O oder konz. NaOH - Lösung

Alkohole
C2H5Br + NaSH = NaBr + C2H5-SH

Na - hydrogen - sulfid

Thioalkohole oder Merkaptane
C2H5Br + KCN = KBr + C2H5-CN

K-cyanid

Nitrile
C2H5Br + C2H5ONa = NaBr + C2H5-O-C2H5

Na-ethylat

Ether

Weitere Reaktionen:

C2H5Br + Mg = C2H5MgBr

Mg-Metall

Grignard-Verbindungen
2C2H5Br + 2Na = 2NaBr + C2H5-C2H5

Na-Metall

Butan (Alkane)

Wurtzsche Reaktion

C2H5Br - HBr = C2H4

Abspaltung von HBr: Diese Reaktion hat keine Bedeutung, da umgekehrt Halogenalkane durch Anlagerung von Halogenwasserstoff an Alkene hergestellt werden.

Ethylen (Alkene)

Auch bei der Friedel - Craftsschen Reaktion und zur Herstellung von Siliconen werden Halogenalkane eingesetzt.

 

2. Wurtzsche Reaktion

Bringt man  Alkylbromide mit metallischen Natrium zur Reaktion, verbindet sich das Natrium mit dem Brom und bildet ein Bromid. An der Reaktion beteiligen sich 2 Moleküle Alkylbromid und 2 Atome Natrium:

C2H5-Br +  Na + Na + Br-C2H5 → 2NaBr + C2H5-C2H5 (C4H10)

Die wirkliche Reaktion verläuft in zwei Stufen und lässt sich durch folgende Teilgleichungen darstellen:

C2H5-Br + 2Na = C2H5Na + NaBr
Ethylnatrium als Zwischenstufe
C2H5Na + C2H5Br = NaBr + C2H5-C2H5

Die Wurtzsche Reaktion ist also ein Darstellungsverfahren für Alkane, besonders für höhere Verbindungen mit mehreren C-Atomen. Das jeweils entstehende Alkan hat die doppelte Zahl C-Atome wie die Ausgangsverbindung.

Alkyljodide zeigen die leichteste Reaktion; es folgen die Bromide. Die besten Ausbeuten liefern primäre Halogenalkane.

Werden bei der Wurtzschen Reaktion zwei verschiedene Halogenalkane eingesetzt, entstehen drei Reaktionsprodukte:

Beispiel: C2H5Br und C3H7Br werden eingesetzt; es entstehen:

C2H5-C2H5 C2H5-C3H7 C3H7-C3H7
Butan Pentan Hexan

Die entstehenden Mengen werden durch die Reaktionsfähigkeit der Ausgangsverbindungen bestimmt. Die reaktionsfähigste, d. h. am leichtesten reagierende Verbindung geht mit dem größten Anteil aus der Reaktion hervor. Die Trennung der Verbindungen bereitet bisweilen Schwierigkeiten.

 

3. Reduktion

Halogenalkane lassen sich in einigen Fällen zu Alkanen reduzieren:

C2H5J + 2[H] C2H5 + HJ  (Ethan)

Geeignete Reduktionsmittel sind: Zn + HCl in alkoholischer Lösung (da Halogenalkane wasserunlöslich sind), Na + Alkohol, Na-Amalgan + Wasser, H2 mit Hydrierungskatalysator (Ni, Pt, Pd) oder auch wäßrige HJ (zusammen mit rotem Phosphor).

Ein anderer Weg zur Überführung der Halogenalkane in Alkane mit besseren Ausbeuten verläuft über Grignard-Verbindungen.